Glaser, Hans, and Johann Jakob Wick. [Himmelserscheinung über Nürnberg vom 14. April 1561]. zu Nürmberg: Bey Hanns Glaser Brieffmaler, 1561. Web.

Hanns Glaser (Druck) - Zentralbibliothek Zürich

Der Himmel hängt voller Kreuze

Vor mehr als vier Jahrhunderten wurde über der Stadt Nürnberg ein faszinierendes Phänomen am Himmel beobachtet. Berichten zufolge erschienen in den Morgenstunden des 14. April 1561 Kugeln, Kreuze und Zylinder am Himmel und scheinbar "kämpften" sie miteinander. Der Briefmaler und Drucker Hans Wolff Glaser berichtete über das Ereignis. Sein koloriertes Flugblatt, bekannt als Nürnberger Flugblatt von 1561, wird heute in der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt.

Ufo-Schlacht oder Propaganda?

462 Jahre lang versuchte die Wissenschaft, das Ereignis zu entschlüsseln. Es gibt unterschiedlichste Theorien darüber, was tatsächlich passiert sein könnte. Nach Ansicht von Meteorologen war es sehr wahrscheinlich eine morgendliche Halo-Erscheinung. Andere, insbesondere Vertreter der Ufologie, deuten das Ereignis als eine Art Himmelsschlacht zwischen unbekannten Flugobjekten. Sehr viel wahrscheinlicher ist es, dass das Flugblatt nur die Ausgabe eines mittelalterlichen Revolverblattes ist – eine Art Mahnschrift, die von der Kirche in Auftrag gegebene wurde. Fromme Gläubige sahen in diesen Bildern und Texten eine Ermahnung von Gott, sich zu ihm zu bekennen und ihm treu zu bleiben.

Fazit: Das Nürnberger Himmelsspektakel ein faszinierendes Beispiel dafür, wie die Wahrnehmung von Ereignissen durch unsere kulturellen und historischen Hintergründe beeinflusst wird.

 

Unsere Interpretation

462 Jahre später, hat es uns zu einer neuen Illustration inspiriert. Das Himmelsspektakel ist als Postkarte und auf Anfrage auch als Tasse, Jute-Beutel, Poster und T-Shirt erhältlich.

 
 
 

Das schrieb* Hans Glaser, Briefmaler zu Nürnberg

Im Jahre 1561, am 14. April gegen Morgen, zwischen Tagesanbruch und darauf (so morgens zwischen vier und fünf auf der kleinen Uhr), ist an der Sonne, gerade als sie aufging, ein gar schreckliches Gesicht erschienen und zu Nürnberg in der Stadt, vor dem Tor und auf dem Land von vielen Männern und Frauen gesehen worden. Zuerst erschienen mit der Sonne zwei blutrote, halbrunde Striche dahinter, bogenförmig und wie der abnehmende Mond, oben wie unten durch die Sonne schimmernd und auf jeder Seite blutfarben. Ringsherum um die Sonne waren zahlreiche, teils bläuliche oder eisenfarbene, wie auch schwarze, runde Kugeln zu sehen. Weitere von ihnen waren blutrot und zu beiden Seiten der Sonne ringförmig positioniert. Wieder andere erschienen in Dreierreihen, weitere waren in Quadraten angeordnet. Zwischen Letzteren waren blutrote Kreuze zu sehen. Und zwischen all diesen Kugeln und Kreuzen waren blutrote Striemen im Hintergrund zu erkennen. In dieses Bild mischten sich auch geschmeidige, hohle Rohre. Auch waren da drei große Rohre, eines zur linken Hand, eines zur Rechten stehend und ein drittes über dem Ganzen. Und in diesen Rohren waren vier oder mehr Kugeln zu sehen. Dies alles hat angefangen, miteinander zu streiten: Die Kugeln seien zunächst in die Sonne hinein geflogen, dann wieder heraus und gegeneinander geprallt, bald hätten auch die großen Rohre begonnen, Kugeln abzufeuern und einander zu beschießen. Gut eine Stunde lang habe Alles miteinander heftigst gestritten und gekämpft, sei dabei vor der Sonne auf- und niedergestiegen und habe sich bis zur Erschöpfung abgemüht. Schließlich seien – wie berichtet wurde – alle Objekte langsam vom Himmel herab auf die Erde gesunken, als wollten sie alles in Brand setzen und schließlich seien sie mit viel Dampf zu Boden gegangen und hätten sich aufgelöst. Nach diesem Schauspiel sei am Himmel ein gleichförmiger, großer und dicker schwarzer Speer, mit Schaft Richtung Osten und Spitze Richtung Westen, gesehen worden. Was aber solche Zeichen bedeuten weiß allein Gott. Da wir aber kurz aufeinander so viele und verschiedene Zeichen am Himmel haben, die der allmächtige Gott – als wollte er uns ob unseres sündigen Lebens zu Buße reizen und locken – erscheinen lässt, so sind wir leider so undankbar, dass wir solche Zeichen und Wunderwerke Gottes verachten, spöttisch darüber reden und in den Wind schlagen. Zu befürchten steht, dass Gott uns unserer Undankbarkeit willen eine schreckliche Strafe schicken wird. Jedoch werden die Gottesfürchtigen ihn keineswegs verachten, sondern all jene treuherzig die Warnung ihres gnädigen Vaters im Himmel beherzigen, ihr Leben bessern und Gott treulich dienen, damit dieser seinen gerechten Zorn samt der wohlverdienten Strafe von uns abwenden möge. Damit wir als seine Kinder hier zeitlich, dort ewiglich leben mögen.

Dazu möge uns allen Gott helfen. Amen.

*Übersetzung des Originaltextes ins moderne Nordhochdeutsch

 
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Mächtig gewaltig, Sinwellturm